Beiträge für einen Podcast (8)
Warum setzen wir Erziehungstipps nicht um? (BB Radio, 2021)
Obwohl uns Erziehungstipps oft den Rat geben, mit Strenge unsere Kinder zurück zu pfeifen, können wir uns dennoch nicht dazu überwinden. Auch wenn ein Kind die Erde nach Feldmäusen durchwühlt zu haben scheint, schrecken wir davor zurück, unser Verhältnis zu ihm durch Sanktionen zu gefährden. Unsere Töchter und Söhne haben ja mit beiden Händen Zutrauen zu uns gefasst. Und im Zweifel siegt gegenüber Kindern, die wir selbst ins Leben gerufen haben, immer unsere Liebe.
Warum mögen wir Gartenarbeit? (BB Radio, 2021)
Machen wir uns in einem Garten zu schaffen, gehen wir in Verbindung zu Mutter Erde. Wir nehmen Fühlung auf zu den Pflanzen, die sie hervorbringt und können ihr Gedeihen als Frucht unserer Fürsorge interpretieren. Unser Fleiß vermag Unkraut zu tilgen und Wiesen abzuschlagen. Dennoch ist in manchen Gärten der größte Schädling der Gärtner. Dies ist dann der Fall, wenn es an Demut vor der Natur fehlt. Besitzen wir sie jedoch, dürfen wir nach getaner Arbeit auch faul entspannen und wir liegen, von Mücken gestochen, vom Vieh schon berochen, im Klee.
Warum möchten wir nicht auf Kaffee verzichten? (BB Radio, 2021)
Viele sind sich einig, dass nur durch Kaffee ein guter Tag Fahrt aufnehmen kann. Tatsächlich verdrängt dessen Koffein in unserem Gehirn den müde machenden Botenstoff Adenosin von den Nervenzellrezeptoren. Dadurch wird unsere Konzentration gefördert sowie Antrieb und Stimmung gehoben. Hinzu kommt der schöne Entspannungsmoment einer uns zustehenden Kaffeepause. Zugleich sieht man sich durch eine Kaffeemaschine instand gesetzt, jederzeit eine bescheidene Gastlichkeit üben zu können.
Warum gehen manche zum Schönheits-Chirurgen? (BB Radio, 2021)
In der Regel hat man sich selber jünger in Erinnerung. Gewinnen wir den Eindruck, dass sich im sichtbaren Bereich unseres Körpers nicht alles mehr in bester Ordnung befindet, legen sich manche unter das schönheitschirurgische Messer. So können wir neunzig Jahre alt werden, während einige Teile von uns wesentlich jünger sind. Wir wollen den Anschein erwecken, noch immer freudig bei Kräften zu sein. Allerdings hört man selten einen Satz wie: "21 Schönheitsoperationen halfen ihr, sich endlich so zu akzeptieren, wie sie ist."
Warum spielen wir? (BB Radio, 2021)
Spielen ist ein Naturtrieb, durch den wirklichkeitsfremde Wünsche erfüllt werden können. Beispielsweise besitzen wir in Computerspielen einzigartige Kräfte und Fähigkeiten. Zweitens üben jüngere Artgenossen das Leben der Erwachsenen. So erwerben schon Tierkinder durch das Spielen Fertigkeiten für das Überleben in der Wildnis wie Anschleichen, Jagen, Kämpfen und Entkommen vor Fressfeinden. Drittens führt das Aufgehen in einem Spiel zu einer Selbstvergessenheit, welche Alltagsfrust kompensiert und Langeweile vertreibt. Deshalb ließen bereits frühere Generationen den Würfelbecher von Hand zu Hand gehen.
Warum verändert sich unser Schlafverhalten? (BB Radio, 2021)
Grundsätzlich unterscheidet man in der Chronobiologie zwischen frühaufstehenden Lerchen und spätaufstehenden Eulen. Jedoch rückt unser Schlafrhythmus mit dem Älterwerden nach vorn und durch reduzierte körperliche Betätigung nimmt das Schlafbedürfnis insgesamt ab. Kam es in jungen Jahren also vor, dass wir gegen 11.30 Uhr morgens aus dem Schlaf hochgeschreckt sind, können wir später sogar mittags, kaum dass unser Kopf das Kissen berührt, in einen gründlichen Schlaf fallen. Zuweilen werden wir sogar früher wach als wir Schlaf finden.
Warum streben wir ins Weltall? (BB Radio, 2021)
Die Erde ist der bewölkte Planet. Aus psychologischer Perspektive interpretieren wir die Sterne nicht als leuchtende Körper, sondern als Löcher im Mantel der Nacht, durch die das Licht einer anderen Welt in das von uns bewohnte Dunkel einstrahlt. Das heißt, wir versprechen uns ungekannte Erfahrungen außerhalb unserer Sphäre. Bislang sind wir im Weltraum noch recht unbewandert und wenn durch Wolkenlücken der Nachthimmel sternt, sehen wir vorerst dort bestenfalls unsere eigenen zivilen und militärischen Satelliten, die uns fürsorglich umkreisen.
Warum sind wir unaufrichtig? (BB Radio, 2021)
Man muss unterscheiden zwischen den kleinen Alltagslügen wie bei der Antwort auf die Frage nach dem Wohlbefinden und systematischen Unaufrichtigkeiten, die letztlich immer dem Eigennutz dienen. Wenn man genauer darüber nachdenkt, wird eigentlich in nahezu allen Lebensbereichen zwischen 9.00 Uhr und 17.00 Uhr nie ganz die Wahrheit gesagt. Phasen größerer Aufrichtigkeit gibt es davor und danach. Der große Vorteil des Ehrlichseins ist, dass wir uns nicht merken müssen, wem wir welche Lüge erzählt haben.
Warum fällt es uns schwer, mit Fremden ins Gespräch zu kommen? (BB Radio, 2021)
Wir Deutsche gelten gemeinhin als spröde und für Smalltalk nicht durchweg zugänglich. In gewisser Weise ist dies auch ein Ausdruck unserer disziplinierten Höflichkeit, da wir niemandem lästig fallen wollen. Hinzu kommt, dass der deutsche Humor nicht auf den festesten Füßen steht und damit der Zugang zu Lockerheit erschwert ist. Selbst unter Nachbarn richten wir oft nur einige formelhafte Fragen an einander, erkundigen uns nach Gesundheit und Familie und nehmen die Antworten mit dem lebhaften Kopfnicken scheinbar sachlicher Beteiligung entgegen.
Warum legen wir alte Fehler nicht ab? (BB Radio, 2021)
Wir alle haben im Laufe des Lebens fast nichts an unserer Fehlerhaftigkeit eingebüßt. Der Grund liegt darin, dass wir nur dasjenige wirklich ändern, was überhaupt nicht mehr funktioniert. Nur echte Not bewirkt Wandel. Kommen wir hingegen mit unseren alten Fehlern weiter durch, sparen wir Energie, indem wir unbeirrbar bleiben wie ein Knochenfisch, der in den Verliesen der Tiefsee allen Versuchungen durch Evolution widerstanden hat.
Warum sind wir höflich zueinander? (BB Radio, 2021)
Wir üben uns in Höflichkeit, um uns einander gewogen zu halten und dem Anderen zu signalisieren, dass man auf offenen Kampf gegen ihn verzichtet. Sie ist auch ein Ausdruck der verbalen Fellpflege. Denn durch höfliche Floskeln wertschätzen wir einander und markieren unsere Bereitschaft, gesellschaftliche Spielregeln zu akzeptieren. Auf verhaltenspsychologischer Ebene bedeutet Höflichkeit einfach, den Ton zu senken. Alles übrige folgt aus dem Leisewerden.
Warum streiten Menschen vor Gericht? (BB Radio, 2021)
Natürlich ist es gut, dass wir in einem Rechtsstaat die uns zustehenden Ansprüche notfalls einklagen können. Dennoch bedeutet ein Rechtsstreit letztlich eine Kapitulation vor unseren natürlichen Konfliktlösungsfähigkeiten. Haben wir uns ineinander verbissen, übertragen wir quasi einer dritten Person in Gestalt eines Richters, der uns persönlich nicht kennt, die Hoheit, über uns ein Urteil zu fällen. Steht uns hier ein Anwalt zur Seite, lebt er vom Streitwert; ihm ist Streit also viel wert. Aus psychologischem Winkel ist das Amtsgericht demnach eine Stätte ausgeklügelter Rechthaberei.
Warum schlafen wir? (BB Radio, 2021)
Dass die gütige Natur den Schlaf bereithält, ist ein dankenswerter Umstand. Denn abgesehen von hirnorganischen Aktivitäten besitzt er eine evolutionäre Funktion. Körperliche Ruhigstellung ist nämlich im Tierreich ein Selektionsvorteil, wenn man sich vor Verfolgern schützen muss. Schlafen ist hier eine sinnvolle Überlebensstrategie in der Dunkelheit, wenn vielfältige Gefahren lauern. Nur durch Einschlafen lässt sich dann stundenlang inaktiv und ruhig an einem geschützten Ort verharren. Womöglich schützt auch uns Menschen das Schlafen davor, zu viel Quatsch zu machen oder unsere Gedankenkreise heiß laufen zu lassen.
Warum lieben wir Serien? (BB Radio, 2021)
Die meisten Menschen entscheiden sich statt eines Engagements lieber für ein Abonnement. Haben wir uns dann einmal zur monatlichen Entrichtung des Streamingpreises durchgerungen, möchten wir ihn gut ausnutzen. Eine Serie bietet hier viele Stunden. Aber im Gegensatz zu Filmen, die eine Handlung auf einen Höhepunkt hin aufbauen, wird in Serien eine Geschichte einfach immer weiter erzählt. Sie erscheint uns damit authentischer und wir sind eher bereit, darin Parallelen zu unserem eigenen Leben zu sehen. Zudem spiegeln Serien den aktuellen Zeitgeist einer Kultur. In arabischen Liebesfilmen und Tele-Novelas scheinen beispielsweise die Araberinnen im Bett doppelt so viel anzuhaben wie westliche Frauen auf der Straße.
Warum schlägt uns schlechtes Wetter auf das Gemüt? (BB Radio, 2021)
Trübes Wetter zwingt uns, im seelischen Innendienst zu arbeiten. Solange nur ein spärlicher Regen den Schauplatz unseres Lebens netzt, mag es hingehen. Bleibt die Wetterlage jedoch konstant schlecht, beginnen wir uns ebenfalls einzutrüben. Die Vitamin-D-Synthese ist eingeschränkt, die Melatoninproduktion läuft und schlechtes Wetter lässt uns zögern, schöne Plätze außerhalb unserer Wohnung aufzusuchen. Wird die mystische Übereinstimmung mit allem zu groß, sagt man innerlich nicht mehr "es regnet", sondern "ich regne".
Warum finden wir Sicherheitskontrollen unangenehm? (BB Radio, 2021)
Niemand lässt sich gern durchleuchten. Denn es misshagt uns, fremden Menschen Einblick in persönlichen Gegenstände und unsere unmittelbare Körpernähe zu gewähren. Außerdem sind wir von Sicherheitskontrollen nicht restlos überzeugt. Sie wirken nämlich oft wie Eulenspiegeleien, wenn beispielsweise Security-Mitarbeiter an Flughäfen wie bezahlte Schelme so tun müssen als glaubten sie im Ernst, dass eine nach Rosen duftende halbvolle Handcremedose eine Flüssigbombe sein könnte. Noch ärgerlicher wird es, wenn diese dann zur Verbesserung der Flugsicherheit vom Gepäck in die Security-Tonne wandert.
Warum halten Politiker ihre Reden mit schreiender Stimme? (BB Radio, 2021)
Politiker halten ihre Reden oft als müsse ein Machtwort gesprochen werden. Der Grund für ihre gehobene Stimme liegt in der Überschätzung der eigenen Bedeutsamkeit. Denn Politiker meinen, sie seien Traktoren, welche Millionen widerwillige Landsleute hinter sich über den Acker schleppen. Außerdem sollen durch schreiende Stimmlagen die eigenen Parteigänger mitgerissen und die Gegner eingeschüchtert werden. Es ist übrigens erstaunlich, von wie knappen Vorräten an fertigen Sätzen man in der Politik leben kann. Diese immer gleichen programmatischen Sätze werden bis zur Besinnungslosigkeit wiederholt und sollen durch eine laute Stimme wenigstens unterstrichen werden.
Warum interessieren wir uns für Adlige und Monarchen? (BB Radio, 2021)
Nicht wenige Angehörige des europäischen Hochadels weigern sich hartnäckig, ausgestorben zu sein. Es existieren noch zwölf Monarchien in Europa, die mit ausführlichen Berichten über gegenseitige Besuche bedacht werden. Dabei interessieren sich die Adligen und Monarchen für weite Teile der Bevölkerung weit weniger als wir uns für sie interessieren. Sie repräsentieren nämlich für uns eine gute alte Zeit und sind Projektionsflächen unserer Fantasien eines Lebens in Reichtum und Familienzusammenhalt. Aber auch lange Stammbäume lassen sich entblättern.
Warum haben wir Angst vor Spinnen und Schlangen? (BB Radio, 2021)
Im Garten unserer Seele sprießen Ängste wie Unkraut. Oftmals fürchten wir uns vor dem, was bereits unsere Eltern ängstigte oder was sich in unserer Stammesgeschichte als potenziell gefährlich erwiesen hat. Außerdem irritiert bei Spinnen und Schlangen die völlig fremde und für uns schlecht vorhersagbare Fortbewegung. So können Spinnen ihre acht Beine unabhängig voneinander bewegen. Und Schlangen können eben nicht nur über den Boden schlängeln, sondern durch kräftige Muskeln ihren vorderen Körper heben. Das beste Mittel gegen alle Ängste ist übrigens die Gleichgültigkeit.